Bergwandern: Vom Wandern ins Bergsteigen: Was muss ich beachten
Was muss ich wissen, wenn ich von Bergwandern ins Bergsteigen übergehe
Der Berg ruft, und die Höhe lockt. Wer sich entschließt, weiter nach oben zu kommen, seine erste Hochtour plant, den ersten Gletscher begehen will, der muss sich Gedanken über seine Ausrüstung machen. Denn was beim Trekking reicht, um sicher Fuß zu fassen, das genügt oft nicht, um in der Sonne glänzende Wasserfälle hinter sich zu lassen und schneebedeckte Gipfel zu erreichen. Ob in den Ostalpen mit Ötztaler oder Hintertuxer Gletscher oder in den Westalpen mit ihren Gletschern im Silvrettagebirge und im Tessin, und noch größeren Gletschern Richtung Mont Blanc, wer sich in eisige Sphären begibt, muss vorsorgen.
Bergwandern: Das Schuhwerk
Wer diesen Schritt machen will, braucht statt seiner gewohnten Wanderschuhe Bergstiefel, die steifer sind und eine griffigere Sohle haben. Wichtig ist, dass der Schuh nicht zu weit ist und der Fuß in ihm nicht rutscht. Selbstverständlich müssen bei der Form und Breite individuelle Charakteristika und Fußfehlstellungen wie Senk- und Spreizfuß berücksichtigt werden. Gerade zu schmal geschnittene Schuhe können leicht Probleme bereiten, da sich Bergstiefel nur geringfügig weiten.
Der Schuh muss also Halt geben, darf aber nicht drücken und sollte über den Knöchel reichen. Dies stabilisiert den Fuß im Sprunggelenk. Eine wasserdichte, aber atmungsaktive Futtermembran, beispielsweise aus Gore-Tex, sorgt dafür, dass der Fuß möglichst trocken bleibt. Um keine Angriffspunkt für eindringendes Wasser zu geben, sollte der Schuh auch möglichst wenig Nähte haben; dies reduziert zusätzlich den Pflegebedarf.
Bei der Schnürung empfiehlt es sich, Senkel mit Stoppern zu verwenden, die es erlauben den Stiefeln in Spitze und Schaft verschieden fest zu schnüren. Dies hilft dabei, die Schnürung bequem an Berg und Weg anzupassen. Wichtig ist überdies, dass die Bergschuhe bedingt steigeisenfest sind. Das bedeutet, dass sie eine steifere Sohle haben und sich Steigeisen mit Körbchen und Riemenbindung am Schuh fixieren lassen.
Bergwandern: Der Rucksack
Der Rucksack sollte rund 35 Liter haben. Ein höheres Volumen verleitet erfahrungsgemäß nur dazu, zu viel einzupacken. Die Größe reicht durchaus nicht nur für Tagestouren, sondern auch für zwei bis drei Tage. Wer bedenkt, dass jedes Gramm zählt, bei Bergtouren noch mehr als beim reinen Wandern, der achtet nicht nur aufs Gepäck, sondern auch darauf, was der Rucksack selbst wiegt. Ein Eigengewicht von vier Kilo wäre effektiv zu viel, um zehn Kilo Gepäck zu transportieren. Mehr als ein bis anderthalb Kilo sollte der leere Rucksack daher nicht auf die Waage bringen.
Breite, gepolsterte Träger und ein bequemer Hüftgurt sorgen für Tragekomfort und halten den Rucksack eng am Körper. Der Stoff darf durchaus farbenfroh sein, da Signalfarben in der Natur besser sichtbar sind und in Gefahrensituationen bei der Identifikation des Bergsteigers helfen. Das Gewebe sollte stabil sein und sich mit Kompressionsriemen von außen in Form bringen lassen, indem die Luftstellen weggedrückt werden. Je kompakter der Rucksack ist, desto weniger stört er während der Bergtour. Auf Außentaschen lässt sich weitgehend verzichten und Schnallen und Haken, an die allerlei angehängt wird, führen letztlich nur zu einer schlechteren Gewichtsverteilung. Dass sich Rucksäcke ohne baumelnde Zusätze bei Flugreisen leichter einchecken lassen und unbeschadeter ihr Ziel erreichen, versteht sich von selbst.
Besser erweist es sich, das Gepäck im Rucksack zu verstauen, wobei schwere Gegenstände möglichst nah am Rücken Platz finden sollten. Um das Equipment dennoch schnell im Zugriff zu haben, sollte der Rucksack eine gute Durchgreifbarkeit von oben nach unten aufweisen, also keine Querböden und wenig Innentaschen. Eine Deckeltasche hilft, wichtige Gegenstände wie Sanitärartikel, Taschentücher, Geld und Ausweis oben zu lagern. Stabile Reißverschlüsse verstehen sich von selbst, eine gute Belüftung sorgt für ein angenehmeres Innenklima, und für die wasserdichte Verpackung wichtiger Ausrüstungsgegenstände genügt im Zweifelsfall ein Beutel, beispielsweise eine Mülltüte: Die wiegt nicht viel, kostet kaum etwas und lässt sich universell zu Einsatz bringen.
Bergwandern: Die Wechselwäsche
In den Rucksack kommt in erste Linie die Wäsche, die auf der Tour zum Wechseln gebraucht wird. Die beginnt bei der Funktionsunterwäsche. Solche Wäsche findet man selbstverständlich im Fachhandel, bisweilen in durchaus brauchbarer Qualität auch beim Discounter. Wichtig ist, dass die Wäsche passt, also nicht zu weit bemessen ist, andererseits auch nicht kneift und die Nähte gut verarbeitet sind. Wer bereit ist, etwas mehr zu bezahlen, kann durch Stoffe mit eingewebten Silberfäden die Geruchsentwicklung verzögern.
T-Shirts müssen lang genug sein, um auch die Nieren zu bedecken. Auch bei mehrtägigen Touren sollte man sich auf eine Wechsel-Garnitur beschränken und nicht etwa für jeden Tag frische Wäsche mitnehmen. Neben Unterhemd und Unterhose gehören zur Ausstattung Socken und Mütze – alles doppelt. So kann man den Körper und Kopf auch nach einem plötzlichen Regenguss wieder ins Trockene bringen.
Als zweite Schicht empfiehlt sich eine Softshell-Jacke aus atmungsaktiven Funktionsstoff, die rechts und links zwei Reißverschlusstaschen und Belüftungsreißverschlüsse unter den Armen hat. Klettverschlüsse am Ärmel geben einen bündigen Abschluss am Handgelenk. Damit Sie an den Hüften eng anliegt und einen entsprechenden Windschutz bietet, sollte sie passgenau sein.
Darüber zieht man bei Bedarf als Kälteschutz eine Daunenjacke oder Kunstfaser-Isolationsjacke. Auch hier bewähren sich Ventilationszipper unter den Armen. Prinzipiell ist hierbei eine Jacke einer Weste vorzuziehen, da sie in der Regel nicht angezogen wird, während man in Bewegung ist und dann sogar schwitzt, sondern bei Pausen das Auskühlen verhindert und hierbei dann auch die Arme warmhält. Bei 0 bis -10 Grad sollte die Jacke den Körper locker noch warm halten. Gut, wenn sie ansonsten – leicht und im Beutel fast auf Faustgröße komprimiert – nicht weiter in Erscheinung tritt. Als vierte Lage kommt dann der reine Regenschutz darüber, wobei sich hier – wasserdicht, atmungsaktiv und windabweisend – Paclite-Regenjacken bewährt haben.
Als Beinbekleidung empfiehlt sich eine lange oder knielange Unterhose, wieder als Funktionsbekleidung ausgeführt. Wer darunter noch ein Slip anziehen möchte, muss darauf achten, dass dieser sehr dünn ist, so dass er nicht aufträgt und drückt. Über die Unterwäsche kommt eine hochelastische Softshell-Hose, die Wind und Nieselregen abhält, rasch trocknet und sich auch gegenüber Eis und Fels recht widerstandsfähig erweist. Die Hose reicht über die Schuhe, ist unten eventuell mit Druckknöpfen verengbar. Die Passform sollte so gewählt sein, dass sie nicht schlabbert, aber Luft zirkulieren kann, um Feuchtigkeit abzuführen.
Bei den Handschuhen empfiehlt es sich zwei Paar mitzunehmen wobei eines etwas dünner ist, und das andere etwas dicker bei Pausen oder längeren Aufenthalten an Stelle der Dünneren oder über sie angezogen werden kann. Dies hält die Finger warm und geschmeidig.
Bergwandern: Die Accessoires
Auf dem Gletscher empfiehlt sich -gerade bei langen Gletscheraufenthalten- einen Sonnenhut zu tragen, der – ähnlich einem Strohhut – ein Schutz für Nacken, Stirn und Gesicht bietet. Der Schutz der Augen vor übermäßiger UV-Strahlung ist besonders wichtig und darf nicht unterschätzt und schon gar nicht vernachlässigt werden: Eine Sonnenbrille der Lichtschutzstufe 4, deren Lichtabsorption über 90 Prozent beträgt, ist zwingend notwendig. Achtung: Solche leistungsfähigen, sehr dunklen Sonnenbrillen dürfen nicht zum Autofahren getragen werden, sind aber am Berg ausgesprochen wichtig und konsequent zu tragen, da durch die Reflexion der Wolken gerade bei bedeckten Himmel eine enorme Strahlung vorhanden ist.
Was die Haut betrifft, so sollte der Sonnenschutz mindestens den Lichtschutzfaktor 30 haben. Genauso wichtig ist, dass er rechtzeitig aufgetragen wird, denn er braucht eine halbe Stunde um wirksam zu werden. Da gerade Lippen und Fingerkuppen in der trockenen Bergluft leichter reißen, sollten Sie entweder mit dem Sonnenschutz besonders gründlich eingerieben oder <ein speziellen Lippenstift oder Creme zum Schutz aufgetragen werden.
Außerdem gehört ins Gepäck eine kleine Apotheke mit Verbandsmaterial, Pflastern und einer kleinen Schere (beim Fliegen nicht im Handgepäck!), Desinfektionshandschuhen, Schmerztabletten, halt all dem, womit man sich und anderen eben mal helfen kann. Solche Kleinstapotheken gibt es fertig zu kaufen.
Auch empfiehlt es sich eine kleine Stirnlampe mitzunehmen, samt Ersatzbatterien, die übrigens ebenso wie Zweitakkus fürs Handy und den Fotoapparat immer am Körper getragen werden sollten, da im Rucksack Kälte rasch zu ihrer Entladung führen kann. Wer sein Handy auf der Tour rechtzeitig ausschaltet, hat wesentlich länger etwas von ihm, da längst nicht überall die Möglichkeit besteht, es aufzuladen.
Die Hütte
Als Hüttenschlafsack, der bei mehrtägigen Touren aus hygienischen Gründen auf jeden Fall mitgenommen wird, empfiehlt sich als Material Seide, ganz dünne Baumwolle oder Kunstfaser. Wichtig ist, dass er leicht und sehr komprimierbar ist, um das Gepäck nicht zu belasten.
Das gilt auch für das Handtuch, für das das Format von 40 × 40 cm vollkommen ausreichend erscheint, dünn, leicht und schnell trocknend, beispielsweise aus Microfaser. Und auch das Waschzeug sollte aufs Minimalste beschränkt bleiben: Eine winzige Zahnpastatube (beispielsweise aus dem Flugzeug), eine Flüssigseife im Mini-Behältnis und wenn ein Deo, dann ein kleine Pumpzerstäuber oder Stift.
Ein mitgeführter DAV-Ausweis beschert gerade in den Alpen in vielen Hütten einen Rabatt und ist daher empfehlenswert. Was das Bezahlen betrifft, so ist zwar in vielen Hütten heute auch schon Kartenzahlung möglich, doch ist man mit Bargeld immer auf der sicheren Seite, so dass man auf keinen Fall hierauf im Gepäck verzichten sollte.
Bergwandern: Essen und Trinken
Für die Flüssigkeitsversorgung nimmt man anderthalb Liter Getränke mit. Es bietet sich an, eine Thermoskanne mit 0,75 Liter Inhalt einzupacken, die mit heißem Tee gefüllt über den ganzen Tag dafür sorgt, dass man nicht von innen auskühlt. Darüber hinaus genügt eine simple Plastikflasche, die beispielsweise mit einem elektrolythaltigen Getränk gefüllt ist. So ist man bestens gerüstet, um einmal pro Stunde eine Trinkpause zu machen. Diese Unterbrechung sollte man gezielt einlegen, also nicht unkontrolliert immer wieder zur Flasche greifen.
Besser als die Flaschen außen herumbaumeln zu lassen ist es auch hier, sie im Rucksack zu verstauen und zur Pause herauszuholen. Dann kann man sich auch gleich stärken. Als Proviant empfehlen sich hierfür Müsliriegel, wobei es nicht wichtig ist, dass sie teuer, sondern dass sie schmackhaft sind. Auch gegen ein traditionelles Pausenbrot ist nichts einzuwenden.
Bergwandern: Die Hochtour
Dreiteilige Wanderstöcke lassen sich gut auf Rucksacklänge verstauen. Hinzu kommen für die Hochtour Steigeisen mit Antistollplatte, Pickel – nicht zu schwer und nicht zu lang –, zwei 4-Meter-Rebschnüre (6 mm), ein Kurzprusik, zwei Schnappkarabiner, ein Klettergurt, ein gut sitzender Helm, eine Bandschlinge (120 cm) und zwei HMS-Karabiner. Außerdem braucht es noch ein Seil, das aber in der Regel der Bergführer dabei hat.
Um den Umgang mit dieser Ausrüstung kennen zu lernen, ist es absolut empfehlenswert vor der ersten Tour an einem Hochtourenkurs teilzunehmen. Gekauft wird die Ausrüstung selbstverständlich in einem Fachgeschäft, indem man gut beraten wird. So kann man sich auf die Qualität des Materials verlassen (Ivo Meier).
Bergwandern Deutschland
Die Region Berchtesgadener Land mit dem Nationalpark Berchtesgadener Land bietet eine Vielzahl von Touren zum Thema “Bergwandern Deutschland”. In einem Spezial hat die Redaktion von Hike+Bike Magazin die fünf schönsten Bergwanderungen im Berchtesgadener Land zusammengestellt. Von Wimbachklamm bis zur Watzmann Überschreitung ist alles dabei.
Ivo Meier ist Profi-Bergführer bei der Bergschule Alpine Welten.